Geschichte

Geschrieben von Rüdiger Rost im Januar 2014 anlässlich der Feierstunde 

200 Jahre Pfefferküchlerei Hermann Löschner

Ein Jubiläum ist immer auch Anlass, nach dem Ursprung zu fragen, wie begann alles mit dem Handwerksbetrieb, wie berührte der Hauch der Geschichte die Inhaberfamilie und auch ihrer Mitarbeiter.

So war es eine bewegte Zeit, in der Hermann Löschner am 11. Dezember 1813 das Bäcker und Pfefferküchlergewerbe aufnahm. Die Kriegsstimmung hatte sich verflüchtigt, im September 1813 verließen die französischen Truppen die Stadt Pulsnitz in Richtung Eierberg. Es war ein Rückzug begleitet von Artilleriefeuer und Zerstörungen in Pulsnitz. Fast der gesamte Neumarkt wurde ein Raub der Flammen und auch das zweite Pfarrhaus brannte.

Zur Erinnerung an diese Zeit blieb eine Kanonenkugel in einer Hauswand an der Bachstraße stecken. Da kann man sie noch heute bewundern, versehen mit einem Erläuterungstext des Pulsnitzer Heimatvereins.

Die schwere Zeit, die nun auf die napoleonische Fremdherrschaft folgte, stellte die Menschen vor neue Anforderungen. Die Wirtschaft musste in Gang gebracht werden und die Kriegsschäden galt es zu beseitigen. Die Franzosenzeit von September 1806 bis September 1813 hatte ihre Spuren hinter lassen auch Russen, Preußen und Württemberger hatte sich als Soldaten zeitweilig in der Stadt niedergelassen. Die Menschen hatten es nicht leicht, waren aber zuversichtlich. Seit Jahren sollte es ein friedliches Weihnachtsfest geben. Die Menschen wollten wieder Freude empfinden. Unter dieser Voraussetzung begann im Jahre1813 der Bäcker- und Pfefferküchlermeister mit der Eröffnung seines Geschäfts.

Damals sah das Angebot noch anders aus, als heute, die Gewerbeordnung verpflichtete damals zum Verkauf von Brot und Brötchen, erst dann kam der Pfefferkuchen. Das Haus Löschner auf der Schlossstraße kam dieser Forderung nach.

Einige Zeit später konnte im Manufakturbetrieb Pfefferkuchen gebacken werden, ohne Brot im Laden zu haben. Figürlicher Kuchen war nach 1815 der Verkaufsschlager. Da gab es bunt glasierte Marktfrauen, die Märchenfiguren Hänsel und Gretel auch Soldaten der verschiedenen Regimenter, Infanterie waren genau so gefragt, wie die stolzen Husaren zu Pferde.

Aber wo Licht war, gab es auch Schatten. Der Wiener Kongress hatte Sachsen geteilt.

Städte, wie Wittichenau und Hoyerswerda gehörten nun zu Preußen, wer dort auf einem Markt verkaufen wollte, brauchte einen Pass und eine preußische Marktzulassung. Nicht zu jedem Markt durften die sogenannten ausländischen Händler aufbauen. Vom Betrieb Löschner wissen wir, das er zunächst seinen Stand auf dem Bauernmarkt in Bautzen hatte. Ganz ohne Marktbetrieb konnte sich im 19. Jahrhundert der Pfefferküchlermeister nicht behaupten. Immerhin gab es in Pulsnitz in dieser Zeit über 40 Handwerksbetriebe, die Brot und Pfefferkuchen produzierten. Für den Meister war es wichtig, erfahrene Mitarbeiter zuhaben und er musste sich auf die gute Qualität der Zulieferung verlassen können, dies waren vornehmlich die Müller und die Imker.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert verbesserten sich die Wirtschaftsbedingungen durch Zollverbände und durch die Reichseinigung.

Meister Löschner war nun auch auf den Märkten in Preußen regelmäßig unterwegs, so in Elstawerwerda, Liebenwerda und in Herzberg. Dort konnte er sich als Pulsnitzer Pfefferküchler gut gegen die einheimische Konkurrenz behaupten. Mit dem Pferdegeschirr fuhr man zu den Marktplätzen. So war der "Schwarze’' über Jahre der treue Wegbegleiter des Meisters zu den Märkten. Das kluge Pferd kannte den Weg nach Hause. Es brachte den Meister wohlbehalten nach Pulsnitz, wenn er auf dem Kutschbock eingeschlafen war.

Vom Stammhaus auf der Schlossstraße gingen auch noch zwei anderen Handwerksbetriebe in Pulsnitz hervor. Der eine davon Friedrich Löschner an der früheren Kamenzer Straße wurde zum Zentrum der Hefe-Verteilung. Es wurde durch diesen Innungsmeister für Pulsnitz eine Hefe-Einkaufsgenossenschaft vor 1900 gegründet, die billigere Einkaufspreise erzielen konnte.

Kriegszeiten sind Zeiten starker Belastungen. In den ersten Monaten des 1. Weltkrieges von August bis Dezember 1914 war der Obermeister Friedrich Löschner mit den anderen Innungsmitgliedern für die Brotversorgung der ganzen Umgebung von Pulsnitz verantwortlich. Da wurden in den ersten Kriegsmonaten täglich 1500 Brote ausgeliefert.

Wichtig war, dass die Innung 1914 zu Weihnachten 30 Tausend Packungen Pfefferkuchen für die deutsche Heeresleitung in Metz zur Verfügung stellte. Die Bezahlung erfolgte aus den vielfachen Spenden. Dazu kamen noch Lieferungen für die Auszubildenden in den Kasernen und die Verwundeten in den Lazaretten. Hermann Löschner kümmerte sich auch um die Liebesgabenversorgung des Helldorffschen Lazaretts im Schloss Rammenau.

Hermann Löscher war nicht nur ein erfolgreicher Pfefferküchlermeister, sondern auch als Stadtverordneter Kommunalpolitiker in Pulsnitz.

Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg brachte dann neue Probleme Inflation und Wirtschaftskreise. In den 20 er und 30 er Jahren präsentierten sich neben dem Betrieb Hermann Löschner auf der Schlossstraße noch Die Pfefferküchlerei Ernst Löschner auf der Bischofswerdaer Straße 174 H und Friedrich Löschner, Inhaber Erich Trepte auf der Hauptstraße 10.

Viele Geschichten rankten sich um die Pfefferkuchenherstellung, da waren die Bücher mit der Geheimrezeptur, die der Meister angeblich unter dem Kopfkissen in der Nacht bewahrte. Man sprach vom Teig, der bei der Taufe des Meisterkindes angerührt und von den Paten versiegelt wurde, bei der Konfirmation wurden die Siegel erbrochen ein Teil entnommen und zum Backen verwendet, der Rest blieb bis zur Hochzeit des ehemaligen Täuflings.

Im vergangenen Jahrhundert führte Margarete Löschner das Geschäft an der Schlossstraße, die dann schon Großröhrsdorfer Straße hieß. Die alte Dame blickte wenig hoffnungsvoll in die Zukunft, weil sie keine Nachkommen hatte. Es war ein starker Hoffnungsschimmer, als ihr Neffe Wolfgang aus der Chemnitzer Gegend nach Pulsnitz kam, sich hier langsam einlebte, die Schule abschloss und in der Pfefferküchlerei Groschky das Traditionshandwerk erlernte. 1964 erwarb er den Meisterbrief und konnte in alter Familientradition die Löschnersche Werkstatt übernehmen. Da galt es vieles zu verändern, zu modernisieren. Peter Kotzsch sagte einmal: "Mein Vater hat aus der Firma das gemacht, was sie heute ist."

Nicht leicht war für Wolfgang das Einleben in Pulsnitz, hatte er doch die frühen Jahre in der Gegend von Chemnitz verbracht, Da hatte er über die Jahre in Hermann Lindenkreuz, einen gestandenen Pulsnitzer, ein guten Freund zur Seite .

Wolfgang sprach gern über die Vielfalt der Dinge des Lebens, manchmal unterhielt ich mich im Ratskeller mit ihm über die Region Chemnitz und Burgstädt oder über Tagesfahrten nach Westberlin zum Kinobesuch dies war zu Beginn der 60 er Jahre.

Die Schaffung der sogenannten sozialistischen Produktionsverhältnisse in der DDR machten auch den Pfefferküchlern zu schaffen. Sie wehrten sich erfolgreich gegen die Errichtung einer Produktionsgenossenschaft.

Nun nach 200 Jahren Betriebsgeschichte, steht Peter Kotzsch mit seiner Gabi in der Verantwortung für das Unternehmen. Kirschbomben und Schokoladenbrezeln haben einen guten Ruf wie auch die anderen süßen Erzeugnisse. Seit dem Jahre 2013 übt Peter Kotzsch nun auch das Amt des Obermeisters der Innung aus, das schon sein Großvater und auch Friedrich Löschner innehatte.

In den letzten Jahren haben immer wieder Prominente die Werkstatt Löschner besucht. Der Moderator und Sänger Maxi Arland stellte die Pfefferkühlerei in einer Fernsehsendung vor. Es liegt schon eine Zeit zurück, da Besucht der FDP Politiker Wolfgang Gerhardt die Stadt Pulsnitz und auch das Haus Löschner.

Der Wirtschaftsminister Sven Morlok versuchte sich selbst unter der Anleitung von Peter Kotzsch im Ziehen von Zuckerguss Linien. Der so dekorierte Pfefferkuchen war als Geschenk für die Teilnehmer der Wirtschaftsministerkonferenz bestimmt.

Denken wir in der Feierstunde auch an die fleißigen Mitarbeiter der Familie Kotzsch, die gerade in der gegangen Weihnachtszeit mit zum Wirtschaftserfolg beigetragen haben.

An der Seite des Meisters stellt auch die tatkräftige Ehefrau Gabi, die alle vom Laden kennen, die auch die Buchhaltung betreibt. Gabi ist auch noch aktiv in die Arbeit des Pulsnitzer Kirchenvorstandes eingebunden. Wenn wir von der Vergangenheit, der napoleonischen Zeit auf den Weg der zwei Jahrhunderte schauen, sei uns der Blick in die Zukunft gestattet, da sehen wir den Sohn Martin, der in Fußstapfen des Vaters tritt und seine Ausbildung zum Pfefferküchlergesellen absolviert.

Wünschen wir dem Hause Löchner-Kotzsch für die Zukunft viel Erfolg in der bewährten Traditionslinie, ist doch die Pfefferküchlerei Hermann Löscher, die älteste, noch heute in der Familienlinie weitergeführte. In den alten Gemäuern auf der Großröhrsdorfer Straße, nun auch modernisiert, hat schon der direkteste Vorfahre von Peter Kotzsch gewirkt und im Dezember 1813 die Familientradition begründet.

So bewahrheitet sich die Jahrhundertalte Erkenntnis:

Ohne Vergangenheit auch keine Zukunft.